Immer mehr Obst und Gemüse wird in Plastik verpackt. Das macht ökologisch Sinn, weil dann weniger weggeworfen werden muss. Recycelt wird diese Verpackung jedoch selten.
Die Tomaten in dicken Plastikschalen und nochmals umhüllt, die Gurken eingeschweißt, der Salat in einer Tüte. Selbst wer im Supermarkt zu Bio-Lebensmitteln greift, kommt um jede Menge Plastikverpackungen nicht herum – Tendenz steigend. Gleichzeitig berichten die Medien von Plastikmüll in den Meeren und Seen, von schädlichen Weichmachern und von Tieren, die Plastik fressen und dann qualvoll verenden.
Trotzdem sei es prinzipiell oft sinnvoll, Gemüse und Obst durch Kunststoff zu schützen, erklärt Henning Wilts vom Wuppertal Institut, der an der Kreislaufwirtschaft forscht. „Wenn man Sachen einpackt, halten sie länger.“ Die Rechnung der Lebensmittelhersteller klingt überzeugend: Eine Salatgurke wird unverpackt innerhalb von drei Tagen unansehnlich und unverkäuflich. In 1,5 Gramm Kunststoff eingeschweißt hält sie 14 Tage lang. Deutlich weniger Gurken müssen dadurch weggeworfen werden. Da die Herstellung einer Gurke viele Ressourcen verbraucht, macht die Verpackung auch ökologisch Sinn. Bei Trauben senkt die Verpackung in Tüten oder Schalen den Anteil verdorbener Früchte um 20 Prozent. Während in Entwicklungsländern rund die Hälfte aller Produkte während des Transports zum Kunden verdirbt, sind es in Europa nur drei Prozent.
Doch wäre es nicht besser, statt Plastikfolie Papier oder Pappe zu verwenden? Aus ökologischer Sicht nicht. Zwar lässt sich Papier aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz statt aus Öl fertigen. Doch die Herstellung verbraucht mehr Wasser und Rohstoffe und erzeugt mehr Kohlendioxid als die Kunststoffproduktion. Zudem entstehen durch das höhere Gewicht mehr Abgase beim Transport. Aus diesem Grund hilft es auch nicht, beim Einkauf statt zur Plastiktüte zur Papiertüte zu greifen. Nur der mitgebrachte Stoffbeutel, der immer wieder verwendet wird, ist wirklich umweltfreundlich.
Wer sich nachhaltig verhalten will, muss in jedem Einzelfall überlegen. Ist es besser, den Saft in der Glasflasche, im Tetrapack oder in der Plastikflasche zu kaufen? „Wenn die Flasche mehr als 100 Kilometer reist, ist Plastik oder Tetrapack besser“, sagt Wilts. Denn dann steigt der Spritverbrauch beim Transport so an, dass die positiven Aspekte der Glasflasche nicht mehr zum Tragen kommen. Wer direkt beim Bauern kauft, sollte die Glasflasche bevorzugen. Überhaupt sind kurze Wege ökologisch immer sinnvoll. Also lieber zum heimischen Apfel greifen statt zur weitgereisten Kiwi, oder das Gemüse auf dem Bauernmarkt lose holen und bald aufessen.
Viel Luft nach oben bleibt beim Recycling von Kunststoffen. „Bei ganz vielen Sachen macht es ökologisch Sinn, aber bei ganz wenigen rechnet es sich“, erklärt Wilts. Bei den PET-Flaschen ging die Quote steil nach oben, nachdem die Politiker festgelegt hatten, dass die Händler die Flaschen zurücknehmen müssen. Die Händler setzten schnell ein einheitliches Material durch, das sich gut wiederverwerten lässt. Trotzdem liegt die Recycling-Quote gerade einmal bei 50 Prozent. „Die Müllverbrennungsanlagen schätzen PET, weil es sehr schön brennt“, nennt Wilts das Problem. Zudem sprechen manchmal strenge Produktstandards gegen das Recycling. So sei bei Mülltonnen ein sehr exakter Farbton vorgeschrieben, der mit Recycling-Material nicht garantiert werden kann, erklärt Wilts. Die EU-Kommission hat jetzt einen Aktionsplan Kreislaufwirtschaft initiiert, der die Vorgaben entsprechend anpassen soll.
An der Verschmutzung der Meere sind die Deutschen übrigens nicht direkt Schuld: Hier finden fast alle Plastikabfälle ihren Weg in den Mülleimer. Allerdings kaufen viele Deutsche gerne Tomaten und Erdbeeren aus den Mittelmeerländern; dort werden die Felder für das schnelle Reifen mit Plastikplanen abgedeckt, die häufig ins Meer wehen.
Aus „grün! – Magazin für Nachhaltigkeit“